Es war anstrengend, damals in den 30er Jahren zu fliegen. Statt eines Schleppflugzeuges gab es ein Ochsengespann, das den Schulgleiter auf den nächsten Hügel zog. Und statt einer Seilwinde gab es Starts mit Muskelkraft!
Vorneweg liefen die Fliegerkameraden und zogen aus Leibeskräften an einem langen Gummiseil. An dessen anderem Ende war der Schulgleiter eingeklinkt. Immer schneller rutschte er auf seiner Kufe über die Wiese, schließlich hob er ab und schwebte 20, 30 Sekunden ins Tal. Oft war die Landung hart, und in langwieriger Handarbeit mußte das Flugzeug wieder repariert werden...
Die ersten Anfänge des Segelfliegens rund um Fürstenfeld gab es schon in der Zwischenkriegszeit. Nach dem Krieg war das Fliegen durch die Alliierten verboten. In den 50er Jahren gründete sich der Fliegerclub neu. Zuerst wurde am Rittscheinberg zwischen Fürstenfeld und Fehring geflogen.
Nach dem Erwerb einer Seilwinde gehörte der schweißtreibende Gummiseilstart endlich der Vergangenheit an. Richtig modern wurde es aber erst 1964, als die erste Schleppmaschine angeschafft wurde. Die Leistungsgrenzen der Flugzeuge haben sich mittlerweile immer weiter verschoben. Heute schafft ein ambitionierter Hobbypilot stundenlange Thermikflüge über hunderte von Kilometern. Davon konnten die Piloten des alten Schulgleiters am Gummiseil nur träumen...
Gemeinsam mit Herbert Thonhauser, Moriz Lippe, Franz Hessinger war auch Adam Mader einer der Flugpioniere der Nachkriegszeit in Fürstenfeld. Es war die Generation, die anpackte, wenn sie etwas erreichen wollte. Der Traum vom Fliegen schien unerreichbar. Beharrlichkeit machte ihn möglich.
1951 - ein Jahr, in dem die Steiermark noch weitere 4 Jahre unter britischen britischer Militärverwaltung stehen sollte, Laurel und Hardy ihren letzten Film drehten und Hans Moser in "Hallo Dienstmann" Erfolge feierte.
Nach dem Krieg war das Fliegen in Österreich durch die Alliierten verboten worden. Aber ein Traum lässt sich nicht verbieten. Und auch der Bau von Flugzeugmodellen war nicht untersagt. Was lag also näher, als ein Modell im Maßstab 1:1 zu bauen...
Der Segler wurde komplett aus Holz gefertigt. Alle Teile wurden nach Bauplänen aus dem Rohmaterial von Hand zusammengesetzt. Viele Stunden feinster Handarbeit waren nötig um hier die Gewichtsverteilung zu gewährleisten sowie die Maße einzuhalten. Danach wurde der Segler mit Leinen bespannt und lackiert. Im Frühjahr, vor dem ersten Flug wurde der Flieger getauft, ähnlich wie es noch heute bei Schiffen üblich ist - vgl. "Luftschiff" - und am Hauptplatz in Fürstenfeld präsentiert. Man war zurecht stolz auf das erste Ergebnis.
Die Segelfliegertruppe umfasst 1953 bereits 15 aktive Mitglieder. Eifrig waren die angehenden Piloten dabei, die Schulungen für die unterschiedlichen Prüfungen in Graz zu absolvieren, um dann zuhause in Fürstenfeld vom Kögelberg mit dem Gummiseil starten zu können. Zunächst waren alle Mitglieder gefordert um den Segler mit einem Gummiseil vom Berg ins Tal zu beschleunigen bzw. zu schießen. Oft waren nur wenige Starts an einem Tag möglich und die Flüge waren je nach Windrichtung nur einige Minuten lang.
Bald benötigte man neues Gerät. Die erfahrenen Hobbyflugzeugbauer besorgten sich Pläne des Schulgleiters H17 und man begann einen neuen Gleiter zu bauen. Im Herbst 1952 wurde begonnen, im Frühjahr 1953 war er fertig.
Wieder wurde anhand von Bauplänen gearbeitet - die umliegenden Betriebe unterstützten mit Material und einer Halle für das letzte Stadium der Fertigung.
Zeitzeugin: "Es war Winter und gearbeitet wurde in einer zur Verfügung gestellten Halle. Die Flächen wurden einzeln bespannt und lackiert. In diesen Zeiten waren die Dämpfe der Lacke im Vergleich zu heute unglaublich gesundheitsschädlich und doch verbrachte man Stunden in den geheizten und dampfenden Räumen"
Der fertige Segler wurde auf den Namen "Lotte" getauft.
Ein Bericht in der Zeitung hatte damals ein ganz anderes Gewicht als heute. Während heute jederzeit per Internet das Neueste vom Neuesten verbreitet wird, und Informationsfluss ständig schneller wird, war damals ein Zeitungsbericht etwas Besonderes.
Die Informationsübermittlung war langsam, aber machte kleine Erfolge zur Sensation.
Unsere Mitglieder haben es mit dem Schulgleiter quasi ins "Rampenlicht" der 50er Jahre in der Region Fürstenfeld geschafft.
Nicht ohne Stolz hat Adam Mader einen Bericht aus der Kleinen Zeitung über den Selbstbau des Schulgleiters aufbewahrt. Diese erwähnte "in Aussicht gestellte Prämie" aus dem Zeitungsbericht wurde übrigens niemals ausbezahlt...
Graz war die Zentrale für den Flugsport. Nach der Fertigstellung musste das neue Flugzeug eingeflogen werden. Dazu wurde es in Graz von dem erfahrenen Piloten Karl Jakob und vom Clubmitglied Herbert Thonhauser erflogen. Dieses "Einfliegen" ist notwendig um den Segler vor Freigabe an Piloten auf Herz und Nieren zu prüfen und entwaige Fehler und Fehlverhalten im Flug (ziehen in eine Richtung...) festzustellen und zu beheben.
In Rittschein kam man nur alle paar Wochen zum Fliegen, trotzdem halfen alle mit um den Segler auf den Hügel zu bringen bzw. einen Start zu ermöglichen.
Nach Ankauf einer Winde übersiedelte man nach Rudersdorf. Dort hatte man mehr Platz und konnte den Mitgliedern längere Flüge ermöglichen. Vorerst musste man den Segelflugschein aber noch in Graz machen, um dann in Rudersdorf fliegen zu können. Mit der Winde war es erstmals möglich mehr als 5 Starts pro Tag zu machen.
Ein weiteres Mal wurde der Startplatz gewechselt. Diesmal zum Waldrand des Ledergassler Waldes, an dem heute der Flugplatz Fürstenfeld seit Jahrzehnten besteht. Man baute einen Hangar aus Holz indem man die Flugzeuge verwahrte. Ständig wurde der Flugpark um neue Flugzeuge erweitert, die man aber nicht mehr selbst baute, sondern kaufen konnte. Durch Sachspenden, Flugshows und Mitgliedsbeiträge wurde neues hochwertigeres Gerät angeschafft.
Richtig modern wurde es allerdings erst 1964, als man das erste Schleppflugzeug, eine Maschine vom Typ "AUSTER", aus alten Kriegsbeständen anschaffte und auf Motorschleppflug umstellte. Die Winde wurde danach nicht mehr benötigt. Das Thermikfliegen wurde dadurch für unsere Region wesentlich vereinfacht. Früher war es üblich das Hoheitskennzeichen zu ändern. Daher wurde unsere Auster in OE-AAT umbenannt.
Eine wichtige Errungenschaft war in den Anfängen der Segelfliegerei, die Abzeichen in Silber, Gold und Diamanten zu erreichen. Alle diese Auszeichnungen erforderten Sportzeugen vor Ort und Dokumentationen mit Flugschreibern. Das Silber C, also die C Prüfung mit Abzeichen in Silber erforderte 50km Streckenflug, 5 Stunden Dauerflug und das Erreichen von 1000m Höhe über der Ausklinkhöhe. Damals wurde das Silber C in unserem Verein gerne mit der Ka8 geflogen, die noch heute in unserem Besitz ist. 5min vor Ablauf der 5 Stunden Frist stieg Herbert Thonhauser mit der Auster zu Adam Mader auf, mit der Aufschrift "BRAVO" auf der einen Seite, und mit dem Silber C Zeichen und "ENDE" auf der anderen Seite, um den Piloten zu informieren. Und wie sich's gehört wurde der Pilot vor der anstehenden Feier nochmal ordentlich verhauen - ein Ritual, dass in der Fliegerei bei besonderen Leistungen immer wieder zu finden ist...
Heute gelingen ambitionierten Hobbypiloten stundenlange Flüge über viele hundert Kilometer. Die Leistung der Segelflugzeuge hat sich enorm gesteigert. Auch die Wartungsanfälligkeit der alten Holzsegler hat sich durch moderne Kunststofffertigung (GFK/CFK) auf eine Minimum reduziert. Die Haltbarkeit der Materialien hat sich erhöht und die Formgebung, um eine optimale Aerodynamik zu erreichen, wird von Computersimulationen vor der Herstellung vorrausberechnet.
Moderne Segler verfügen über Flügelflächen mit Optimierungen für unterschiedliche Geschwindigkeiten im Flug um in der Thermik gut zu steigen, und über Strecken bei geringem Höhenverlust weit gleiten zu können. Während man anfangs im Freien saß, sind die Kabinen heute komfortabel ausgestattet und bieten allerlei Technik um den Piloten optimal zu unterstützen. Ausklappbare Hilfstriebwerke bringen den Segler sicher zum Heimflugplatz, auch wenn die Thermik bereits versiegt ist...
Ein wichtiger Aspekt bleibt allerdings: Der Segelflieger ist auf die Natur angewiesen, auf das Wetter und auf das Vertrauen in sein Können, es den Vögeln gleichzutun. Die Herausforderung ohne Motor lange und weit zu fliegen ist geblieben und macht dieses Hobby trotz technischem Fortschritt noch immer zu einem spannenden Erlebnis und Abenteuer.
Oft bleibt die Verwunderung nicht aus, wie man ohne Motor so weit und hoch kommt und wenn man in 4000 Metern Höhe über dem Alpenhauptkamm sitzt und auf die atemberaubende Landschaft blickt...
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